Was, wenn du nicht bist, was du denkst?

Du denkst, dein Körperbild ist dein eigenes? Was, wenn es nur ein Echo ist? Entdecke, warum deine Gedanken vielleicht gar nicht dir gehören.

Du bist nicht was du denkst
Selbstzweifel und die gesellschaftliche Prägung unseres Körperbilds

Wenn Gedanken wie ein Echo klingen

Sonntagmorgen. In meinem Lieblings Cafe. Die Sonne strahlt. Der Kaffee dampft. Alles ist perfekt  – bis sich drei Frauen hinter uns setzen.

Sie reden.
Über Essen.
Über Kalorien.
Über Körper.

Oh, wie mich das nervt. Meine Stimmung kippt. Ich will nicht zuhören – aber die Worte bohren sich in meinen Kopf, als wären sie ein Echo.

Das ewige Urteil: „Habe ich zu viel gegessen?“

Es hörte gar nicht mehr auf: „Wir haben gestern doch gar nicht so viel gegessen. Klar, zwei Nachspeisen, aber das war ja nicht schlimm. Dafür haben wir tagsüber nur gesnackt…“ „Ich habe drei Kilo zugenommen…“  „Oh, das steht dir aber gut.“  „Man sieht es nicht, oder?“ „Ich mach einfach mal wieder Sport. Dann ist alles wieder definiert.“ … 

Warum vergleichen wir uns ständig?

Ich drehe mich um und sehe sie an. Sie sind dünn. Rappeldürr. Und trotzdem sitzen sie da und verhandeln mit sich selbst, als wären sie vor einem Tribunal, das ihr Urteil über sie fällt. Rechtfertigen und bestätigten sich gegenseitig. Sie haben doch nichts falsch gemacht. Nichts wofür sie sich schämen müssten. 

Ich will sie schütteln. Ihnen sagen, 

  • was sie für einen Quatsch reden, 
  • dass es nicht normal ist, sich selbst ohne Grund zu Tode zu kontrollieren, 
  • dem Körper vorzuschreiben, was wann, wie und wieviel er an Energie braucht. 
  • Dass sie wertvoll sind, egal, was die Waage sagt. 

Ich werde aggressiv, spüre die Wut, wie sie sich in mir aufbaut.
Erst auf sie… dann auf mich.

Dann der Schock: 
Das sind meine Gedanken!
Meine Worte!
Mein Tribunal!
Sie sind ich. Ich bin sie.

Die erste Lüge, die ich glaubte: Ich bin fett

Seit ich mich erinnern kann, fühle ich mich fett. Ich bin sechs Jahre alt, stehe vorm Spiegel und ziehe  meinen „Bauch“ ein, so doll ich kann. Nehme mir vor ihn ab jetzt immer so einzuziehen. Ich bin sechs Jahre alt, dünn, man sah meine Knochen!  

Im Ballett verglichen wir Mädchen unsere „dicken“ Oberschenkel, wie sie sich im Sitzen, von oben gesehen, auf dem Stuhl ausbreiteten. Als ich in die Schule kam, hatten wir Sport mit den Jungs. Ich schämte mich so für meinen „unperfekten“ Körper. 

Konditioniert seit der Kindheit: Friss die Hälfte

Ich beobachtete meinen Vater, wie er mit seinem Gewicht kämpfte. In den 70ern schworen alle auf fdH, friss die Hälfte. Ich verstehe nicht, warum er sich selbst bestraft. Aber ich lerne schnell, dass Essen etwas lästiges ist, das man sich verdienen muss.

Warum unser Körperbild nicht unser eigenes ist

Ich wuchs mit Diäten auf, der Körper ist der Feind - muss kontrolliert werden. Essen und Körperbild waren in meiner Kindheit das Thema Nr. 1. Sätze wie: „Friss nicht soviel, das kriegst du nie mehr weg“ hallen mir heute noch in den Ohren. 

Bis heute ist dieses Thema omnipräsent. Es hat sich sogar noch verschärft. Hochglanzmagazine, Instagram, Photoshop, GNTM. Es geht um unsere Körper– als wären sie das Projekt im Leben eines Menschen, das man optimieren muss.

Es ist egal, woher es kam.

Wichtig ist nur: Ich habe es nicht nur geglaubt, ich spürte es, sah es in meinem Spiegelbild. Ich habe mich damit identifiziert!

Das Flüstern des Kollektivs: Wie wir manipuliert werden

Jahrzehnte später, an diesem Sonntagmorgen in Mexico City, höre ich also diese drei fremden Frauen über Essen und Körper sprechen – und erkenne, dass sie genau dieselben Gedanken haben. Denn sie sind eine andere Generation. Sie sind zwanzig Jahre jünger.

Und trotzdem sitzen sie da, als hätten sie die gleiche Programmierung in sich laufen.

Das Flüstern des Kollektivs: Wie wir manipuliert werden

Meine Neugierde ist geweckt. Wie kann es sein, dass was ich mein ganzes Leben lang für „meine“ Gedanken gehalten habe, in anderen Köpfen herumspukt und sein Unwesen treibt? Sind diese Gedanke gar nicht meine? Was, wenn dieser innere Kritiker in meinem Kopf – der immer zählt, bewertet, vergleicht – gar nicht „ich“ bin?

Was, wenn er nur ein Echo ist?

Ein Echo von Kommentaren, die ich gehört habe. Von Schönheitsidealen, die mir verkauft wurden. Von einem Kollektiv, das mir beigebracht hat, dass mein Wert an eine Zahl auf der Waage gebunden ist. 

Und was, wenn ich all das nie hinterfragt habe, weil es sich so echt anfühlt?

Schönheitsideale: Wer entscheidet, was schön ist?

 Es muss so sein. Denn heute geht es noch viel weiter. Das Kollektiv ist ein Meister der Manipulation.

Werbung zeigt uns „Vorher-Nachher“-Transformationen – und das Nachher ist immer dünner.

Social Media füttert uns mit perfekten Körpern, perfekten Gesichtern – denn der Algorithmus belohnt die Illusion.

Die Schönheitsindustrie verdient Milliarden, indem sie uns überzeugt, dass wir repariert werden müssen.

Wir werden zu perfekten Klonen. 

Und so sagen Frauen mit prallen Lippen, gestrafften Gesichtern und gemachten Brüsten:

“Ich mache das nur für mich, weil ich mich so gefalle.”

Glauben sie das wirklich?
Oder spricht das Kollektiv aus ihnen?

Wir lassen dich nicht nur
gleich denken
sondern bald auch
gleich aussehen 

das Kollektiv

Sind unsere Gedanken wirklich unsere?

Was wenn unsere Gedanken, gar nicht unsere sind?
Was, wenn du nicht bist, was du denkst?
Was, wenn du nur das denkst, was sie wollen, dass du denkst?
Was, wenn du nie wirklich du warst?